Der Geburtstagsgruß dürfte das bekannteste Ringelnatzgedicht zum Geburtstag sein. Bitte dran denken, die 40 auszutauschen, falls sie nicht passt. Gerade Frauen reagieren da äußerst empfindlich. Das gleichfalls sehr bekannte Freude stammt noch aus der Zeit als Ringelnatz unter seinem Geburtsnamen Hans Bötticher schrieb. Weniger bekannt, aber im wahrsten Sinne des Wortes ein echter Ringelnatz ist Zu einem Geschenk. Dann folgt sein Ratschlag fürs rechte Schenken. Und zum Schluss eine geburtstagsfreie Ringelnatz-Parodie.
Geburtstagsgruß
Ach wie schön, dass Du geboren bist!
Gratuliere uns, dass wir Dich haben,
Dass wir Deines Herzens gute Gaben
Oft genießen dürfen ohne List.
Deine Mängel, Deine Fehler sind
Gegen das gewogen harmlos klein.
Heut nach vierzig Jahren wirst du sein:
Immer noch ein Geburtstagskind.
Möchtest Du: nie lange traurig oder krank
Sein. Und: wenig Hässliches erfahren. –
Deinen Eltern sagen wir unseren fröhlichen Dank
Dafür, dass sie Dich gebaren.
Gott bewinke Dir
Alle Deine Schritte;
Ja, das wünschen wir,
Deine Freunde und darunter (bitte)
Dein ____________________
(Aus: J. Ringelnatz, Allerdings, Berlin 1928)
Freude
Freude soll nimmer schweigen.
Freude soll offen sich zeigen.
Freude soll lachen, glänzen und singen.
Freude soll danken ein Leben lang.
Freude soll dir die Seele durchschauern.
Freude soll weiterschwingen.
Freude soll dauern
Ein Leben lang.
(Aus: Hans Bötticher, Gedichte, München-Leipzig 1910)
Zu einem Geschenk
Ich wollte dir was dedizieren,
Nein, schenken, was nicht zuviel kostet.
Aber was aus Blech ist, rostet,
Und die Messing-Gegenstände oxydieren.
Und was kosten soll es eben doch.
Denn aus Mühe mach ich extra noch
Was hinzu, auch kleine Witze.
Wär’ bei dem, was ich besitze,
Etwas Altertümliches dabei – –
Doch was nützt dir eine Lanzenspitze!
An dem Bierkrug sind die beiden
Löwenköpfe schon entzwei.
Und den Buddha mag ich selber leiden.
Und du sammelst keine Schmetterlinge,
Die mein Freund aus China mitgebracht.
Nein – das Sofa und so große Dinge
kommen überhaupt nicht in Betracht.
Ach, ich hab’ die ganze letzte Nacht
Rumgegrübelt, was ich dir
Geben könnte. Schlief deshalb nur eine,
Allerhöchstens zwei von sieben Stunden,
Und zum Schluss hab’ ich doch nur dies kleine,
Lumpige, beschissne Ding gefunden.
Aber gern hab’ ich für dich gewacht.
Was ich nicht vermochte, tu du’s: Drücke du
Nun ein Auge zu.
Und bedenke,
Dass ich dir fünf Stunden Wache schenke.
Lass mich auch in Zukunft nicht in Ruh.
(Aus: J. Ringelnatz, Allerdings, Berlin 1928)
Schenken
Schenke groß oder klein,
Aber immer gediegen.
Wenn die Bedachten
Die Gaben wiegen,
Sei dein Gewissen rein.
Schenke herzlich und frei.
Schenke dabei
Was in dir wohnt
An Meinung, Geschmack und Humor,
So dass die eigene Freude zuvor
Dich reichlich belohnt.
Schenke mit Geist ohne List.
Sei eingedenk,
Dass dein Geschenk
Du selber bist.
(Aus: J. Ringelnatz, Allerdings, Berlin 1928)
Leute
Leute sollen immer schweigen.
Leute sollen bekleidet bleiben.
Leute sollen schwimmen, tauchen und sinken.
Leute sollen zanken ein Leben lang.
Leute sollen ihre Seele verkaufen.
Leute sollen weiter stinken.
Leute sollen schnaufen
Ein Leben lang.
(Hans Retep)
Überaus "nette" (Sehen Anführungsstriche nicht irgendwie stachlig aus?) Geburtstagsgedichte hält das Poetische Stacheltier bereit.